Fischereigesellschaft Innsbruck

Nixfangen

26.02.2017, Inn

"Nixfangen" - scheint bei Innfischern in der Frühsaison 2017 zum Modewort aufzusteigen. Halblaute Ufergespräche mit trostlos schlapper Schnur, verzweifelte Telefonate, ratlose Mails und Whatsapp-Nachrichten: Die Innfischer haben ein akutes Thema. Der Vorschlag zur Gründung einer Selbsthilfegruppe wurde noch nicht aufgegriffen. Dafür wuchern die Erklärungsphantasien.

In dieser Situation zeigen sich wieder einmal die Vorzüge des Fliegenfischens. Mit keiner anderen Methode macht Nixfangen soviel Spaß. Man(n) steht am vereisten Ufer oder knietief in den kalten Fluten und kann im flachgrellen Sonnenlicht die dynamische Entfaltung der eigenen Schnur verfolgen - enge Schlaufe, keine Schockwellen. An besonders guten Tagen lässt sich sogar der "Tailing Loop" überlisten. Mit Spinnrute und Tiroler Hölzl ist es hingegen einfach nur öd.

Zu jeder gängigen Erklärung gibt es sofort ein Gegenargument: 

  • "Wasser zu kalt" - "Früher haben  wir Fische unter den treibenden Eisschollen gefangen." 
  • "UCKI (unbekannter chemischer Killer)" - "Da müsste man tote Fische sehen."
  • "nix drin" - "Die E-Befischung von Ende November 2016 belegt einen gleichbleibenden Bestand."
  • "russische Hacker" - "Die sind mit ihren Wahlmanipulationen schon fast überfordert."
  • "Trump" - "Einer der ganz wenigen US-Präsidenten, die nicht einmal Fliegenfischen können."

Die einzig verbleibende Erklärung, die zwar nicht so lustig klingt, aber zumindest mit (nicht nur "alternativen") Fakten begründbar ist, bezieht sich auf den extrem kalten Jahresbeginn. Laut Meteorologen war der Jänner seit 30(!) Jahren nicht mehr so kalt. Mag. Wolfgang Mark, Fischbiologe der Uni Innsbruck, verweist auf wissenschaftliche Studien. Demnach gibt es für jede Fischart eine kritische Mindesttemperatur, unter der ihre Magenenzyme die Funktion einstellen. Keine Verdauung mehr, keine Nahrungsaufnahme. Bei Regenbogenforellen liegt dieser Wert bei 4° C. Die Daten aus Hydro Online zeigen, dass dieser Wert im Inn erst seit wenigen Tagen einigermaßen verlässlich überschritten wird (und: Es gibt auch schon erste Fangmeldungen!). Würde unter dieser Temperatur noch Nahrung aufgenommen, bliebe sie unverdaut im Magen und würde langsam "vergammeln" und den Fisch vergiften. Solange die Wassertemperatur unter diesem Wert bleibt oder noch häufig darunter absinkt, wird keine Nahrung aufgenommen. Kurzzeitige Schwankungen wirken sich deutlich geringer aus, und es wäre falsch, die Zusammenhänge ganz monokausal zu sehen. Andere Wirkzusammenhänge im äußerst komplexen Lebensgeschehen können ebenfalls hereinspielen. 

Ähnlich sieht das der Praktiker: Karl Kreissig, ebenso erfolgreicher wie erfahrener Fischzüchter aus Bayern stellt fest, dass seine Forellen derzeit deutlich im Längenwachstum zurückgeblieben sind. Zweisömmrige, die er zum Besatz liefern soll, sind heuer 2 bis 3 cm kleiner. Er empfiehlt, den Besatzzeitpunkt zu verschieben, um Risiken einzugrenzen. 

Bleibt als vernünftiger Vorschlag, sich ein wenig in Geduld zu üben, Bewegung, gute Luft und schöne Flusslandschaft auch an Schneidertagen zu genießen. Wer das nicht schafft: Die kritische Mindesttemperatur für Bachsaiblinge liegt nur bei 2° C!