09.04.2018, Am Wasser
Das können Fische nicht schaffen: Ein Rohr, das unter einen Biberdamm durchgeschoben wird, funktioniert nicht als Fischaufstieg. Das Wasser fließt nämlich wesentlich schneller durchs Rohr ab, als Fische hinauf schwimmen können. Damit bleiben die wichtigen Laichplätze in manchen Seitenbächen unerreichbar, im Inn selbst ist das Laichgeschäft schwer gestört.
Die Ausflussgeschwindigkeit aus einem stehenden Gewässer lässt sich physikalisch recht einfach berechnen. Sie steigt mit der Höhe des Wasserspiegels über der Rohröffnung, Durchmesser und Neigung des Rohrs spielen dabei kaum eine Rolle. Beginnt das Rohr z.B. 1,20 m unter der Wasseroberfläche, schießt das Wasser mit ca. 5 m/sec hindurch und ist damit doppelt so schnell wie die flinke Bachforelle. Auch wenn die Reibung im Rohr dieses Tempo ein wenig bremst, kann selbst der schnellste Fisch niemals dagegen anschwimmen.
Bei Fischen gilt als Orientierungswert die „kritische Sprintgeschwindigkeit“, die etwa auf ganz kurzen Fluchten erreicht wird. Dabei sind die Schwimmleistungen je nach Fischart, Größe und Wassertemperatur unterschiedlich. Forellen sind die schnellsten Schwimmer, die theoretisch maximale Schwimmgeschwindigkeit einer Bachforelle liegt bei 2 – 3 m/sec. Die schlechtesten Schwimmer sind Jungfische sowie Koppen, Schmerlen und andere Kleinfischarten. Für Fischaufstiegshilfen an Bächen werden maximale Fließgeschwindigkeiten von 1,5 bis 2 m/sec bei rauer Gewässersohle empfohlen.
Biberbeauftragte und Behörden bevorzugen diese „Rohrlösung“, wenn ein Biberdamm den Fischaufstieg in ein Laichgewässer blockiert. Zum Beispiel an der Mündung des Völser Gießen bei Innsbruck oder am Telfer Gießen. Hier mussten die Fischereiberechtigten solche Rohre einbringen, um den Fischen einen Aufstieg zu ihren Laichstellen zu ermöglichen. Die Beobachtung der Fischer, dass diese Lösung nichts taugt, ist durch diese Berechnung erwiesen. Darüber hinaus ist es – jenseits aller Physik – höchst fraglich, ob ein Fisch überhaupt durch ein mehrere Meter langes Rohr schwimmen will.
Der kraftwerksbedingte Schwallbetrieb in großen Gewässern wie Inn, Ziller oder Drau tötet jedes Jahr ganze Generationen an Jungfischen. Die wenigen unverbauten Seitenbäche könnten diesen Verlust wenigstens ansatzweise ausgleichen. Diese Möglichkeit fällt allerdings weg, wenn sie von einem Biberdamm versperrt werden. Unter natürlichen Verhältnissen gäbe es keinen Schwallbetrieb und in der aufgefächerten Einmündung von Seitenbächen würde ein einzelner Biberdamm den Fischaufstieg nicht verhindern.
Literaturhinweis: Leitfaden zum Bau von Fischaufstiegshilfen. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Wien 2012, Seite 8f